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Herzkrank und erkältet: Wann darf man wieder Sport machen?

Heute noch mild, morgen schon wieder kalt: Plötzlich wechselnde Wetterlagen gehen oftmals auch mit einer steigenden Zahl an grippalen Infekten, mit Husten, Schnupfen und Fieber einher. Gerade für Menschen mit Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern, einer koronaren Herzkrankheit (KHK) oder einer Herzklappenerkrankung ist der Schutz ihres Herzens vor einer möglichen zusätzlichen Schädigung durch eine Grippe (Influenza) oder einen grippalen Infekt wichtig. Häufige Fragen vieler Herzpatienten sind in diesem Zusammenhang: Wie erkenne ich, dass mein Herz infolge einer Grippe geschädigt ist? Kann ich mich durch eine Grippeimpfung davor schützen? Und wie lange muss ich nach einer Erkältung, einem grippalen Infekt oder einer Grippe mit dem Sport pausieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt hier Sportkardiologe Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Infos sind auch unter www.herzstiftung.de/sport-nach-erkaeltung abrufbar.

Wichtig für Herzkranke: Grippeimpfung zum Schutz vor Herzbeteiligung „Eine Grippeimpfung ist gerade für Herzpatienten in jedem Fall ratsam. Denn eine echte Grippe, die Influenza, wirkt sich bei etwa jedem zehnten Erkrankten auch auf das Herz aus“, sagt Prof. Scharhag, der die Professur für Sport- und Leistungsphysiologie am Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport der Universität Wien innehat. „Unter anderem kann eine Herzmuskelentzündung, die Myokarditis, die Folge sein.“ Daher sind ohnehin Herzkranke bei einer Grippe eher gefährdet, dass es zu weiteren Herzproblemen kommt. Mit einer Impfung gegen Grippe (Influenzaviren) lässt sich die Erkrankungswahrscheinlichkeit oder zumindest die Schwere einer Influenza verringern – und damit auch das Risiko einer Herzmuskelentzündung.
Allerdings werden die meisten Infektionen der oberen Atemwege nicht durch Influenzaviren, sondern durch andere Viren wie Adenoviren oder Rhinoviren hervorgerufen. Man spricht dann von einem grippalen Infekt im Unterschied zu einer Grippe – auch wenn mitunter die Symptome ähnlich sind. „Auch diese Viren können – wenn auch seltener als Influenzaviren – eine Herzmuskelentzündung begünstigen, vor allem, wenn sich der Erkrankte nicht genügend schont und auskuriert“, betont Scharhag.

Herzbeteiligung: Was sind typische Anzeichen? Die Anzeichen einer Herzbeteiligung sind relativ unspezifisch, am häufigsten anzutreffen sind
- Müdigkeit,
- Abgeschlagenheit,
- Kurzatmigkeit oder
- Engegefühl in der Brust bzw. Schmerzen hinter dem Brustbein oder
- Herzstolpern (bei etwa jedem fünften Betroffenen).

Bei diesen Symptomen sollte man umgehend zum Arzt, der bei Verdacht auf eine Beteiligung des Herzens neben der Anamnese und einer körperlichen Untersuchung, ein EKG, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens und eine Blutuntersuchung vornehmen wird. Lässt sich mit den aufgeführten Untersuchungen eine Beteiligung des Herzens nicht zweifelsfrei nachweisen oder ausschließen, ist als nächster Schritt eine Kernspintomographie (Kardio-MRT) des Herzens erforderlich.

Wie lange nach einem Infekt bis zum sportlichen Neustart pausieren? Gegen einen grippalen Infekt gibt es keine spezifische Therapie. Dennoch lassen sich die Symptome – wie auch bei einer Influenza – durch Erkältungsmittel wie Nasentropfen oder fiebersenkende Mittel häufig bessern. Oft empfinden Betroffene auch das Inhalieren als hilfreich. Wer sich wieder fitter fühlt, kann zunächst Spaziergänge an der frischen Luft absolvieren.
Auf Sport sollte man hingegen generell für die Dauer der Erkrankung verzichten, rät Sportkardiologe Scharhag. Der Körper sei in dieser Phase geschwächt. Eine sportliche Belastung beeinflusse dann das Immunsystem und könne somit schädlich sein. „Wie lange die Sportpause sein sollte, lässt sich pauschal nicht sagen, weil jeder Infekt unterschiedlich verläuft und sich jeder Betroffene individuell unterschiedlich schnell erholt.“ Meist liege man bei einem gewöhnlichen grippalen Infekt der oberen Atemwege mit einer Pause zwischen sieben und 14 Tagen richtig. Bei einer Influenza sollte man sogar mindestens 14 Tage pausieren. „Bis zu einem sportlichen Neustart mit zunächst niedrigen Belastungsintensitäten sollten wenigstens zwei bis drei symptomfreie Tage vorliegen.“

Generell sind bei Erkältung, grippalem Infekt oder Grippe folgende Punkte zu beachten

- Je stärker der Infekt war, desto länger die Pause.
- Bereits bei leichten Symptomen wie Halsschmerzen, Schnupfen oder Husten auf Sport und Training verzichten.
- Bei Gliederschmerzen oder Fieber ist körperliche Schonung erforderlich und Sport absolut tabu.
- Sind die Beschwerden/Symptome weg und es besteht wieder eine gute Leistungsfähigkeit im Alltag (z.B. erkennbar beim Treppensteigen), kann sanft mit lockerem bzw. erholsamem Training gestartet und dieses behutsam nach Befindlichkeit über ein bis zwei Wochen gesteigert werden. Dabei immer auf den eigenen Körper achten und z.B. den Puls kontrollieren.
- Bei Mattigkeit/Energielosigkeit mit dem Sport lieber noch warten. Und bei Unklarheiten hinsichtlich der Belastbarkeit sicherheitshalber beim Arzt vorstellen.
- Wurde eine Herzbeteiligung/Myokarditis festgestellt, muss mindestens drei Monate pausiert werden und die Sporttauglichkeit von einem Sportkardiologen u. a. mit Ruhe-EKG, Herzultraschall und Belastungs-EKG beurteilt werden. Bei regelrechten Befunden kann dann wieder mit dem Sport begonnen werden.

(ne/wi) Bildunterschrift: Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung, Professur für Sport- und Leistungsphysiologie, Zentrum für Sportwissenschaft und Universitätssport, Universität Wien

Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

Bei Menschen, die wegen rezidivierender primärer Kopfschmerzen (z.B. Migräne oder Kopfschmerzen vom Spannungstyp) häufig Schmerzmittel einnehmen, kann sich in der Folge ein sogenannter Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MOH) entwickeln. Dabei handelt es sich um eine eigenständige, sekundäre Kopfschmerzerkrankung, deren pathophysiologischen Mechanismen nicht vollständig geklärt sind. Sie umfassen eine gestörte Schmerzmodulation, zentrale Sensibilisierung, psychologische bzw. bio-behaviorale Faktoren (Verhaltensfaktoren), aber auch genetische Faktoren werden diskutiert. Letztendlich ist aber nicht geklärt, ob die häufige Einnahme von Schmerz-und Migränemitteln zu einer Chronifizierung von Kopfschmerzen führt oder ob sich zunächst die Kopfschmerzen verschlechtern und die Patientinnen und Patienten deshalb mehr Schmerz- und Migränemittel einnehmen.

Obwohl ein MOH mit substanziellen Beeinträchtigungen und einer Reduktion der Lebensqualität assoziiert ist, wird die Diagnose zu selten gestellt – vor allem, weil die Problematik den Kopfschmerzgeplagten, aber auch vielen Ärztinnen und Ärzten nicht ausreichend bekannt ist. Eine aktuelle Publikation [1] gibt einen ausführlichen Überblick über den derzeitigen medizinischen Wissensstand des MOH. Explizites Ziel sei es, Aufmerksamkeit und Bewusstsein für den MOH zu steigern, denn obwohl die die Erkrankung sowohl behandelbar als auch zu verhindern ist, ist die Prävalenz des MOH weltweit hoch, sie liegt bei Erwachsenen durchschnittlich bei 3,4% (regional zwischen 0,6% und 7%).

Für die Diagnose eines MOH muss zunächst der Zusammenhang zwischen der zu häufigen Einnahme von akuter Kopfschmerzmedikation und Chronifizierung der Kopfschmerzen aufgeklärt werden. Dies geschieht anhand von Anamnese (Betroffenen wird empfohlen, einen Kopfschmerzkalender zu führen) und neurologischer Untersuchung. Man spricht von MOH, wenn bei Betroffenen mit vorbestehendem primären Kopfschmerz an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten, die mit Schmerz- oder Migränemedikamenten behandelt werden – und dies über mehr als drei Monate lang. Dabei kommt es häufiger bzw. schneller unter Triptanen zu einem MOH als unter NSARs (z.B. Ibuprofen); besonders problematisch sind opiathaltige Schmerzmittel wegen eines zusätzlichen Abhängigkeitspotenzials. Weitere Risikofaktoren für einen MOH sind weibliches Geschlecht, niedriger Bildungs- oder sozialer Status, zusätzliche psychiatrische Erkrankungen wie Depression oder Angsterkrankungen, abhängiges Verhalten, z.B. Rauchen, Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen oder Beruhigungsmittel.

„Der erste Schritt ist es, an die Möglichkeit eines MOH zu denken und die Problematik anzusprechen“, erklärt Prof. Hans-Christoph Diener, Co-Autor der Publikation und federführender Autor der entsprechenden Leitlinie der DGN [2]. „Dies kann sowohl von Behandelnden wie auch von den Betroffenen ausgehen“. Wichtig sei, dies wird auch im aktuellen Artikel betont, dass nicht den Patientinnen und Patienten die „Schuld“ an der Situation gegeben werde, denn meist liege das Problem in einem unzureichenden Kopfschmerz- oder Migräne-Management und nicht an einem Medikamenten-Missbrauch. Ein MOH trete in erster Linie bei ungenügender Prophylaxe von primären Kopfschmerzerkrankungen und folglich zu häufigem akutem Schmerzmittelbedarf auf, seltener dagegen bei anderen zugrunde liegenden Schmerzerkrankungen, wie chronischen Rückenschmerzen.

Wenn ein MOH diagnostiziert wurde, so kann eine angemessene Behandlung entsprechend den aktuellen Leitlinien [2] in der Regel effektiv die Kopfschmerz- bzw. Krankheitslast und den Schmerzmittelverbrauch reduzieren; die Erfolgsrate einer Leitlinien-gerechten Therapie beträgt nach 6-12 Monaten etwa 50-70%, bestätigt Diener. Die Behandlung des MOH besteht in der Reduktion der Einnahmehäufigkeit der übergebrauchten akuten Schmerzmittel bzw. dem kompletten Absetzen; gleichzeitig wird mit einer geeigneten Kopfschmerz-Prävention begonnen, beispielsweise mit Topiramat, Amitriptylin, Botulinumtoxin oder einem monoklonalen Antikörper gegen das migräneauslösende CGRP („Calcitonin Gene-Related Peptide“). Je nach Situation kann dies ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden.

Leider sei oft die Gefahr eines Rückfalls vorhanden, so Diener, am größten sei sie im ersten Jahr nach dem Absetzen des auslösenden Schmerzmittels – insbesondere bei Opioid-Übergebrauch. Eine engmaschige Betreuung der Betroffenen reduziere dieses Risiko. Betont wird außerdem, dass für einen anhaltenden Erfolg ergänzend zur medikamentösen Prophylaxe auch nicht-medikamentöse Präventivmaßnahmen erfolgen müssen. Dazu gehören z.B. angemessene Schlaf- und Erholungszeiten, Entspannungstraining, aber auch regelmäßiger Ausdauersport und ggf. eine psychologische Betreuung.

„Kopfschmerzpatientinnen und -patienten, auch bei vermeintlich guter Einstellung einer Prophylaxe, sollten regelmäßig nach der Häufigkeit notwendiger Akutmedikationen befragt werden“, mahnt Diener. „Schon bei monatlich zehn Kopfschmerztagen sollte über eine Optimierung der Prophylaxe nachgedacht bzw. ggf. eine neurologische Mitbetreuung erwogen werden.“

[1] Ashina S, Terwindt GM, Steiner TJ et al. Medication overuse headache. Nat Rev Dis Primers 2023 Feb 2; 9 (1): 5 doi: 10.1038/s41572-022-00415-0.
[2] Diener H.-C., Kropp P. et al., Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2022; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien https://dgn.org/artikel/2368 oder
https://dgn.org/leitlinien/ll-030-131-kopfschmerz-bei-uebergebrauch-von-schmerz-...

Welt-Schlaftag am 17. März: Mit richtigem Schlafverhalten Batterien aufladen

Die Krankmeldungen aufgrund von Schlafstörungen nehmen in Westfalen-Lippe in den letzten Jahren kontinuierlich zu und sind in 2022 auf einen neuen Höchstwert angestiegen. Das zeigt eine aktuelle Analyse der AOK NordWest. Danach entfielen auf nichtorganische Schlafstörungen bei AOK-versicherten Beschäftigten in Westfalen-Lippe im Jahr 2022 insgesamt 80.596 Fehltage. Das sind 46 Prozent mehr als noch in 2021 mit 55.321 Ausfalltagen. Im Vergleich zu 2019 (36.874 Fehltage) hat sich das Plus sogar mehr als verdoppelt. „Die deutliche Zunahme der Arbeitsunfähigkeitstage ist alarmierend. Ursachen können neben Termin- und Leistungsdruck auch Schichtarbeit, psychische Belastungen oder eine intensive abendliche Nutzung von TV, Computer oder Smartphone sein“, sagt AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann anlässlich des Welt-Schlaftages am 17. März. „Der Schlaf hat für die Gesundheit eine wichtige Funktion. Neben sportlicher Aktivität und ausgewogener Ernährung ist er einer der Grundpfeiler für einen fitten Körper und Geist“, so Ackermann.

Zu viel Stress, Sorgen und Ängste, private Probleme, zu viel Koffein oder Alkohol, zu fettes Essen aber auch körperliche oder psychische Erkrankungen oder die Nebenwirkung von Medikamenten bewirken bei vielen Menschen in Westfalen-Lippe Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Allein im Jahr 2021 waren rund 110.000 AOK-Versicherte deswegen in ärztlicher Behandlung.

Die Folgen von Schlafmangel können aber gravierend sein: Denn Schlaf ist lebenswichtig. Vor allem im gesunden Schlaf entspannt und erholt sich der gesamte Körper. Ist der Schlafrhythmus gestört, kann es zu dauerhaften, gesundheitlichen Problemen kommen. Schlafmangel führt zu Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und Leistungsverlust, kann langfristig aber auch Erkrankungen zum Beispiel des Herz-Kreislauf-Systems verursachen oder die Entstehung von Diabetes oder psychischen Problemen begünstigen. „Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit dem starken Anstieg der Krankmeldungen bei den psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren“, so Ackermann. Deshalb sei es wichtig, nachts nicht nur für volle Akkus beim eigenen Handy zu sorgen, sondern auch die eigenen Batterien durch gesunden Schlaf wieder aufzuladen. „Ausreichend Schlaf steigert unser Wohlbefinden und die Lebensqualität“, so Ackermann.

Daher sollten Betroffene bei Ein- und Durchschlafstörungen dem individuellen Problem auf die Spur kommen, um gezielt etwas gegen die Schlafprobleme zu unternehmen. „Wer auf allgemeine Verhaltensregeln der Schlafhygiene achtet, kann schon viel dazu beitragen, dass sich der Schlaf-Wach-Rhythmus harmonisiert“, sagt Ackermann. Dazu gehört eine angenehme Schlafumgebung mit kühler Zimmertemperatur, der Verzicht auf schwere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen sowie auf Koffein, Alkohol und Nikotin. Auch mehr Bewegung im Alltag und ein abendlicher Spaziergang anstatt Fernsehen, Smartphone oder Laptop können helfen, den natürlichen Schlafrhythmus wiederherzustellen. Zur Bewältigung von Schlafstörungen bietet auch der liveonline-Kurs ‚Schlaf gut‘ der AOK NordWest Unterstützung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren alles über Schlaf- und Psychohygiene und können sich mit anderen Teilnehmern austauschen. Lassen sich die Schlafprobleme nicht beheben und leiden Betroffene häufig und regelmäßig unter Abgeschlagenheit und Konzentrationsproblemen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Weitere Informationen rund um das Themen Schlaf unter www.aok.de/nw Gesundheitsmagazin.

Vorhofflimmern im hohen Alter: Katheterablation oder Herzschrittmacher?

Bundesweit leiden rund 1,5 bis 2 Millionen Menschen an Vorhofflimmern, der häufigsten anhaltenden Herzrhythmusstörung. Das Herz schlägt unregelmäßig, es rast oder stolpert. Viele haben außerdem Luftnot, Brustschmerzen oder Schwindel, sind weniger leistungsfähig. Unbehandelt wird die Erkrankung immer schlimmer, bis es schließlich zu einem dauerhaften sogenannten „persistierenden Vorhofflimmern“ kommt. Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter an. So sind zirka 10 Prozent der über 75-Jährigen davon betroffen, bei Senioren über 85 sind es sogar rund 20 Prozent. Viele Jahre hindurch hat man den Herzschlag standardmäßig mit Medikamenten verlangsamt. Mehr und mehr behandeln Ärzte die Störung jedoch direkt am Herzen. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Mit einer Katheterablation veröden sie die für die „Störfeuer“ verantwortlichen Herzmuskelfasern mit Hitze, Kälte oder Mini-Stromstößen und schalten sie so dauerhaft aus. Diesen Eingriff nennt man Pulmonalvenenisolation (PVI), da der Grund für die gestörten Signale in den Lungenvenen (Pulmonalvenen) liegt.
Weniger Krankenhauseinweisungen nach Schrittmacherimplantation

Doch bei dieser Methode gibt es ein Problem: „Untersuchungen zufolge kommt es insbesondere bei älteren Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern nach einer PVI innerhalb des ersten Jahres in 40 Prozent der Fälle erneut zu einem Rückfall und einem Krankenhausaufenthalt“, erklärt Prof. Dr. Joachim Ehrlich, Chefarzt der Kardiologischen Klinik im St-Josefs-Hospital Wiesbaden. Deswegen vergleicht der Herzspezialist in einem von der Deutschen Herzstiftung mit 50.000 Euro geförderten und international erstmaligen Forschungsprojekt* die Pulmonalvenenisolation – die in diesem Fall die irritierenden Herzmuskelfasern mit extremer Kälte (Kryoablation) ausschaltet –, mit einer zweiten Behandlungsmethode: der Schrittmacherimplantation, verbunden mit His-Bündel-Ablation (Ablate and Pace, kurz „AaP“) Hierbei wird den Patienten ein Herzschrittmacher eingesetzt und in der Folge das His-Bündel verödet. Das ist ein Muskelfasernetz, das die elektrischen Signale an die Herzkammern weiterleitet. „Hier kommt es in weniger Fällen zu erneuten Klinikaufenthalten pro Jahr“, sagt der Chefarzt, der die Studie leitet. „Wir nehmen an, dass die AaP-Strategie im Vergleich zur PVI bei Patienten, die über 75 sind und an persistierendem Vorhofflimmern leiden, zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führt.“ Es sei mit dieser Methode davon auszugehen, dass bei älteren Patienten eine signifikant niedrigere Rate an Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche eintritt. Ob die Hypothese stimmt, das wollen Prof. Ehrlich und seine Mitarbeiter im direkten Vergleich der beiden Behandlungsoptionen zeigen. Bei den Patienten, die erneut die Klinik aufgesucht haben, untersuchen die Forscher in ihrer Studie zudem, ob eine wiederholte Ablationstherapie oder elektrische Kardioversion zur Wiederherstellung des normalen Herzschlags notwendig war oder eine Aufrüstung des implantierten Schrittmachers mittels eines drittes Elektrodenkabel erfolgen musste. „Das ist ein sehr wichtiges und innovatives Forschungsvorhaben, welches dazu beiträgt, die Beschwerden von älteren Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern zu verringern. Prof. Ehrlich und sein Team leisten mit ihrer Studie auch international einen wichtigen Beitrag zur Behandlung von Vorhofflimmern“, betont Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Lebensqualität der älteren Patienten massiv beeinträchtigt

Denn gerade für ältere Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern können die Beschwerden im Alltag äußerst belastend sein. „Vielen Betroffenen fallen selbst einfache Tätigkeiten wie das Ausräumen einer Spülmaschine zunehmend schwerer“, berichtet Dr. Andreas Böhmer, Assistenzarzt in der Kardiologischen Klinik im Wiesbadener St-Josefs-Hospital und Koordinator der Studie. Nachts würden die Betroffenen vor Angst wachliegen, weil das Herz unruhig schlage und stolpere. „Das beeinträchtigt massiv die Lebensqualität.“
Ersten Zwischenergebnissen zufolge hilft Schrittmacher Senioren besser

196 Patienten in bundesweit fünf unterschiedlichen Kliniken, das St- Josefs-Hospital Wiesbaden eingeschlossen, nehmen an der Studie teil (Standorte: Bad Nauheim, Gießen, Münster, Murnau). Alle sind über 75 Jahre alt und leiden an schwerwiegenden Symptomen des persistierenden Vorhofflimmerns, aber nicht an Herzschwäche oder weiteren bestimmten Herzerkrankungen. Sie werden entweder mit der AaP- oder PVI-Methode behandelt und drei, sechs und zwölf Monate danach untersucht. Mittels Fragebögen wird die persönliche Einschätzung der Lebensqualität erfasst. 2025 sollen die endgültigen Resultate vorliegen. Mit den ersten Zwischenergebnissen zeigt sich Prof. Ehrlich zufrieden: „Sie bestätigen unsere Hypothese, dass das AaP-Verfahren zur Behandlung von älteren Menschen mit Vorhofflimmern der PVI hinsichtlich oben genannter Untersuchungspunkte überlegen ist.“ Wann die Endergebnisse jedoch im Klinikalltag Anwendung finden, sei offen. „Forschungsarbeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“      

13.03.2023 DGA | Quelle: Deutsche Herzstiftung e.V.



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